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"Besser wird´s nicht"

DVD-Coverumschlag
"Besser wird´s nicht"
Die Dreharbeiten zu diesem Film bedeuteten eine noch verfeinertere Arbeitsweise als bei den Filmen in all den Jahren zuvor. Einige der hier portraitierten Menschen kenne ich zum Teil schon über 30 Jahre. Und wenn ich andere beim Drehen kennen lernte, musste ich eine Athmosphäre schaffen, die auf Vertrauen und Respekt basierte.

In der Bucovina drehte ich in einem sich seit Jahren immer stärker entvölkernden Lebensraum. Ich benutze das Wort "Lebensraum" bewusst, denn kaum ein zweites Gebiet in Rumänien strahlt diese zurückgezogene und bedächtige Athmosphäre aus, wie diese scheuen Menschen in dieser sperrigen Landschaft. Ich musste seit über 30 Jahren die Erfahrung machen, dass hier sehr oft ein kühles und regnerisches Wetter vorherrscht. Der Frühling kommt nur zaghaft hierher, und während in der Maramures bereits der Sommer eingezogen ist, blühen hier noch die letzten Obstbäume. Es ist windig bei einem ständigen Wechsel von Sonne und Wolken und niemand traut sich wirklich ohne Regenschirm vor das Haus. Scheint dann endlich die Sonne, wird sofort Wäsche auf die Leinen gehangen und Teppiche gelüftet. Ein Wärme suchender Schmetterling ist fast schon eine kleine Sensation, und ein stark verwitterter und bemoster Gartenzaun bildbestimmend.

Genau so sind die Menschen dieser Gegend. Kommt etwas Licht und Wärme in die Landschaft, stehen sie plötzlich wie eine Luftspiegelung vor dem erstaunten Besucher.

Dann werden sie gesprächig und man wird den Eindruck nicht los, dass sie wochenlang einsam und still in ihren Häusern gesessen und nur darauf gewartet hatten, dem neugierigen Fremden ihr Leid und ihre Trauer zu erzählen. Diese Gespräche sind geradezu Monologe und erleichtern sie wohl wie die Beichte in der Kirche. Überall hört man das Gleiche. Es sind Geschichten vom Verlassen werden und Sterben. Urplötzlich bricht ein tief sitzender Schmerz aus ihren Herzen und muss man sich auf geradezu unkontrollierte Gefühlsausbrüche gefasst machen.

Wenn diese typischen Zäune am Horizont erscheinen, weiß man, dass man bei den Huzulen gelandet ist. Hunderte Meter ziehen sie sich wie Bollwerke über die Berghänge. Es könnten Verteidigungsanlagen sein, und wenn man es genau bedenkt, sind es auch solche.

Diese Familie kenne ich seit mehr als 30 Jahren. Ana, die Mutter von Victoria und Dragos ist mit Mircea seit Ewigkeiten verheiratet. Dragos, der erste Sohn, begegnete mir damals im Alter von vielleicht 7 Jahren. Damals herrschte noch der Ceausescu-Clan über Rumänien. Bukarest war, ist und bleibt zwar weit entfernt, doch diese bitteren Jahre brachten den Menschen in dieser gottverlassenen Welt noch mehr Entbehrungen und Leid.

Während Dragos gen Westen zog, blieben seine Eltern gemeinsam mit der behinderten Victoria in einem der kleinsten Häuser dieser Gegend zurück. Das Leben war vorher schwer und blieb es auch nach der Revolution. Mircea hat Sprachschwierigkeiten und konnte leider nie eine gutbezahlte Arbeit finden. Dafür ist er einer der herzlichsten Menschen, die mir je begegnet sind. Seine wenigen Besitztümer zählen für ihn selbst nichts, wenn es heißt, einen Gast zu empfangen und etwas Gutes zu tun.

Ihre Geschichte gehört zu den Ergreifendsten dieser Gegend, denn Beide pflegen aufopferungsvoll Victoria. Es muss "mehr als Liebe" sein, wenn man sich ein ganzes Leben lang zu Dritt ein Bett, ein Raum und - jetzt bildlich gesprochen - einen Teller und Löffel teilt!

Das es diese Frau in Rumänien des 21. Jahrhunderts geben würde, war selbst für mich eine der großen Überraschungen der letzten Jahre. Überschreitet man die Schwelle zu ihrem Haus, betritt man augenblicklich ein anderes Jahrhundert.

Ihre Gesichtszüge, ihre Hände und Kleidung und die unvorstellbare Athmosphäre in ihrem Holzhaus haben mir einen Einblick in eine Welt ermöglicht, die nur auf alten, vergilbten Fotografien des vorletzten Jahrhunderts zu sehen ist.

Doch es kam noch intensiver. Was sie zu erzählen hat, wird niemanden unberührt lassen. Sie selbst sagt, dass sie das Leben eines alten und herrenlosen Hundes geführt hat. Und wie sie es sagt, das muss man einfach erlebt haben.

Nur diese abgemagerte Katze kommt noch zu ihr ins Haus. Das Dorf stirbt jetzt aus, denn ihre Nachbarn und Bekannten sind entweder längst tot oder liegen gerade im Sterben.

Doch Stolz und Würde haben sich zentimetertief in jede Gesichtsfalte eingegraben und sprechen aus ihren Berichten von einem selten so entbehrungsreichen Leben.

Diese Interieurs sind Gold wert! Ein alter Rahmen mit einem merkwürdigem Bild, ein Löffelbord ... in jeder Ecke gibt es etwas Geniales zu entdecken. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und auch den nur so möglichen Kameraeinstellungen. Dabei zählt jedes auch noch so kleine Detail Bände über das Leben der Menschen in diesen Räumen.
Manchmal kommt ein Abendlicht oder eine überraschende Lichtreflexion in die an für sich düsteren Räume. Den Bewohnern ist es einerlei, aber man muss es sehen und darauf zu reagieren verstehen. Athmosphäre läßt sich nur einfangen, wenn man im richtigen Moment hellwach wird, und dann muss man es laufen lassen. Klingt einfach, aber wer es schon mal erlebt hat, weiß, wie schwer genau diese Momente in einem Film zusammenzuschieben sind! Es ist nämlich etwas anderes, wenn man "aus sich selbst entstandene Stimmungen" in einem Dokumentarfilm zeigen kann.
Ioan aus dem Motzenland wäre ein eigener Film. Ein Unfall während seiner Armeezeit hat ihn zum - wie er sich ausdrückt - Krüppel werden lassen. So lebt er, mit einer aberwitzigen Abfindung von der Armee "entschädigt" bzw. abgespeist, seit seiner Rückkehr Ende der neunziger Jahre mit seiner Mutter auf diesem weit von den Zentren der Welt abgeschlagen Bergbauernhof. Wie er mit seiner Behinderung klarkommt, verdient den allergrößten Respekt!
Die Bergwelt des "Defileul Lapusului"
ist noch ein wahres Rückzgsgebiet für Filmemacher. Während tagsüber Büffelherden durch die Ebenen ziehen und in den Wasserläufen Erfrischung und Kühlung finden, herrscht oben in den Bergen ein ganz anderes Leben.

Hin und wieder werden Wanderer durch die darüber wie Silhouetten vergessener Ahnen daliegenden Berge ziehen, denn dieses Mittelgebirge besticht durch seine unberührte und geradezu einsame Lage. Dort stehen sie noch, die traditionellen Berghöfe, teilweise sogar wie im Motzenland mit Stroh gedeckt!

Hier traf ich auf Carol und seine Frau. Beide können sich nur knapp an das Jahr 1926 erinnern, in dem sie geheiratet hatten. Carol ist weit über 80 Jahre alt und hat eine Menge durchgemacht, wie er sich selbst auszudrücken pflegt... Im Nebenhaus lebt ihr Sohn, selbst schon alt, der sich immer noch die Suppe der Mama zum Mittagstisch in sein Haus herüberholt.

Herrliche Landschaften
bezaubern den Blick, doch wie meist in solchen Gegenden verstecken sich mittendrin nur allzuoft traurige Geschichten. Man muss sie nur entdecken. Carol ist ein beredtes Beispiel des hier noch anzutreffenden ungebrochenen Überlebenswillen. Die Geschichte seiner Inhaftierung aus politischen Gründen ist ergreifend und wird nocheinmal in der Erinnerung aus dem Vergessen geholt.