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Beten

So hoch, wie die pfeilspitzen Kirchentürme der Maramures schon von Weitem die Anwesenheit Gottes bezeugen sollen, so tief sitzt der Glaube in den Herzen der Menschen. Ein Tischgebet ist landauf wie landab genauso selbstverständlich, wie das Kreuzschlagen angesichts eines Kirchentores. Autoritätspersonen sind und bleiben die Preoten, von Touristen oftmals Popen genannt (Vorsicht: diese Bezeichnung ist ähnlich abwertend, wie der Begriff Pfaffe für Pfarrer). Sie sind sich größtenteils ihrer Verantwortung für ihre Schäfchen bewußt, auch wenn es hin und wieder zu Unstimmigkeiten zwischen der Gemeinde und ihrem Hirten kommen soll.

Die orthodoxen Gottesdienste beginnen genauso pünktlich, wie sie sich dann ausdauernd und für Nichtgläubige oft endlos über Stunden hinziehen können. Offiziell bezeichnen sich 99% aller Rumänen als gläubige Christen, in der Maramures dürfte der Prozentsatz noch höher liegen ...
Es ist also kein Wunder, wenn überall neue Kirchen gebaut, restauriert oder umgetauft werden. Das ehemals "ungläubige" Volk ist nach den Jahrzehnten des verordneten Atheismus wieder mit ganzem Herzen dabei. Auch in der Maramures werden seit dem Kirchen gebaut, und die Auftraggeber scheinen sich gegenseitig überbieten zu wollen. Wie ist es anders zu erklären, daß in fast jedem Dorf der Maramures - abgesehen von Privatinvestitionen - der Bauherr eigentlich nur die - je nach Konfession - eine oder andere Kirche ist.

Eine Aufzählung aller religiösen Feierlichkeiten würde diese Webseite ins Unendliche weiterlaufen lassen. Zur Untermalung schlage ich folgendes "Spiel" vor: Man fahre zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der Maramures über die wenigen Straßen. Folgendes wird sich mit der oben zitierten 99%igen Wahrscheinlichkeit ereignen:


Eine Prozession pilgernder Gläubiger stoppt auf offener Strecke die Fahrt, oder ein Gottesdienst nimmt zu ungewöhnlicher Zeit (Tag oder Nacht) seinen Anfang bzw. (hier unerheblich) sein allmähliches Ende, ein Beerdigungszug schleppt sich durchs Dorf in Richtung Friedhof oder festlich gekleidete Maramureser begehen eine Hochzeit, Kindertaufe, oder einen der, gleich Dutzende zählenden und gleichmäßig über das Jahr (oder die Woche) verteilten Feiertage.

Es ist jedem, die Maramures bereisenden nur zu wünschen, ohne Termindruck beschaulich und erwartungsvoll über die Straßen zu ziehen. Religiosität wird hier gelebt, ist (Haupt)Bestandteil des Lebens und somit prägnantes Kennzeichen des Straßenbildes. Man sollte immer bemüht sein, sich dem Rhythmus der Maramureser, wenn schon nicht unterzuordnen, so doch wenigstens anzupassen. Die Menschen scheinen hier sehr abwesend den Dingen ihres Lebens nachzugehen. Ihre innere Ruhe - uns verloren gegangen - ist es, die wir benötigen, um mit ihnen wieder Schritt halten können. Wer in der Lage ist, sie wiederzufinden, hat vielleicht schon das wichtigste Ziel seiner Reise erreicht ....