Sighet ist die am nord-westlich gelegene Stadt Rumäniens. Protestantische Kirche aus dem 16. Jahrhundert, römisch-katholische aus dem 17. Jahrhundert, etliche orthodoxe Kirchen, und, oft vergessen, in einer Seitenstraße die letzte "erhaltene" Synagoge der Marmarosch.

Sighet war einmal ein vitales jüdisches Städtchen gewesen. Hier wurde der berühmteste Bürger Sighets geboren, Elli Wiesel, Jude und Friedensnobelpreisträger. Damit ist schon das traurigste Kapitel der Stadtgeschichte aufgeschlagen - die organisierte Deportation tausender Juden in die Gaskammern von Auschwitz. Erst schikaniert, dann ghettoisiert und zuletzt deportiert, haben sie der Stadt unfreiwillig ein gespenstiges Erbe hinterlassen. Viele der Häuser und Synagogen wurden zerstört, um sie aus den Erinnerungen der danach in ihren Häusern wohnenden, ehemaligen Nachbarn zu streichen.

Nach Aussagen Elli Wiesels wußten nur sehr wenige, unerhörte und als verrückt belächelte Juden von ihrem auf sie hinterhältig lauernden Schicksal. Einige rumänische Polizisten und Ghettobewacher, die in der horty-ungarischen Verwaltung kaum was zu Sagen hatten, besaßen den seltenen Mut, die ahnungslosen Juden zu warnen.

Heute gibt es einen Rabbi in der Stadt, der sich mit der Betreuung der überlebenden Juden der Marmarosch beschäftigt, um hier und da in finanzielle Not geratene Glaubensbrüder mit dürftigen Hilfeleistungen zu beruhigen. Der rumänische Alltag hat Sighet schnell in den Griff bekommen. Und so sind die Menschen schon längst wieder mit ihren eigenen, nicht unbedeutenden Sorgen beschäftigt. Geschäfte eröffnen oder welche machen, die Nähe zur Ukraine - gleich hinter dem Fluß verläuft die Grenze - läßt Phantasien und Spekulationen freien Lauf. Sighet wird tagsüber förmlich von Handel treibenden Bauern und Arbeitssuchenden aus der Umgebung überrannt.

Die mit einigem nostalgischen Scham ausgestattete, ehemalige k&k-Provinzhauptstadt, ist ein regionales "Eldorado", ein Hoffnungsschimmer im wirtschaftlichen Grau der Marmarosch. Viele Landüberdrüssige benutzen diese Stadt als Station auf ihrem hoffnungsvollen Weg in den Wohlstand. Der Weg, den sie einzuschlagen versuchen, führt sie über finanziell brüchiges Terrain, vorbei an kleinen Geschäftemachern a lá "Bingo", und nur allzu schnell wieder enttäuscht zurück in die unverändert gebliebenen Dörfer.

Das am Rande von Sighet in Richtung Baia Mare liebevoll aufgebaute Dorfmuseum wird gerne von Touristen aufgesucht, die in der konservierten (und sterilen) dörflichen Idylle das zu finden glauben, was den übrigen Dörflern ein Schrecken geworden ist.